Scrum im Masterstudiengang Real Estate Management
Der interdisziplinäre berufsbegleitende Studiengang

Der berufsbegleitende und interdisziplinäre Studiengang Real Estate Management an der TU-Berlin richtet sich an alle Interessierten, die bereits in der Immobilienwirtschaft tätig sind. Dies sind in der Regel ArchitektInnen, Stadt- und RegionalplanerInnen, Bau- oder WirtschaftsingenieurInnen, aber auch BetriebswirtInnen und RechtswissenschaftlerInnen. Das thematische Spektrum des Studiengangs orientiert sich am gesamten Lebenszyklus baulich-räumlicher Projekte.

Bei der Projektentwicklung und Projektsteuerung liegt der Fokus der Betrachtung, geprägt durch die jeweilige berufliche Spezialisierung, sehr stark auf der eigenen Fachdisziplin. Leitbild des Qualifikationsprofils im Studiengang ist jedoch der Generalist, nicht der Spezialist. Die Entwicklung der Schnittstellen- und Transferkompetenz steht im Mittelpunkt.

Pro Semester bearbeiten die Studierenden ein reales Bauprojekt in fünf Disziplinen. Die fünf Disziplinen umfassen Stadtplanung und Stadttechnik, Architektur, Ökonomie und Ökologie, sowie das Projektmanagement. Bisher haben die Studierenden in Projektgruppen die einzelnen Disziplinen aufgeteilt und bearbeitet. Jedes Teammitglied wählt eine ihm fachfremde Disziplin. Durch das Bearbeiten der genannten fünf Disziplinen wird es möglich, ein Immobilienprojekt ganzheitlich zu betrachten, das heißt auch Wechselwirkungen, Abhängigkeiten und die daraus resultierenden Dynamiken zu erfassen und zu berücksichtigen. Dies impliziert auch ein umfassendes Stakeholdermanagement.

Jedoch heißt fünf Disziplinen zu verteilen noch nicht automatisch ein Projekt wirklich interdisziplinär zu bearbeiten.

Als ich 2004 in dem Studiengang einen Lehrauftrag als Dozentin bekam, waren meine Themen eher auf mediative Ansätze und Konfliktmanagement im Projektgeschehen ausgerichtet. Aufgrund von zunehmender Komplexität in der Immobilienwirtschaft durch Digitalisierung und der steigenden Bedeutung des kooperativen Stakeholdermanagements durch vielfältige Erwartungen unterschiedlichster Anspruchsgruppen und dynamischer Umwelten, haben Themen wie agiles Projekt- und Meetingmanagement, Dialogformate in Beteiligungsverfahren, aber auch das Verhandeln mit Stakeholdern immer mehr an Bedeutung im Studiengang gewonnen. Dies korrespondierte mit meiner beruflichen Auseinandersetzung mit den Themen Agilität und Selbststeuerung als systemische Beraterin, die ich seither auch innerhalb der Immobilienwirtschaft und des beschriebenen Studienganges sehr stark mit der Einführung von agilem Projekt- und Meetingmanagement forciere.

Agiles Projektmanagement bei REM

Im Sommersemester 2019 wird nun zum ersten Mal in einem Semesterprojekt nicht in der Form des klassischen Projektmanagement gearbeitet, sondern das Projektteam wird als Scrumteam agieren. (Siehe Artikel)

Das heißt, es werden die oben beschriebenen Disziplinen nicht mehr verteilt, sondern wirklich interdisziplinär bearbeitet, indem die Teammitglieder die einzelnen Aufgaben aus allen Disziplinen bearbeiten. Die Teams arbeiten in Sprints. Sie handeln zuvor in einem Sprintplanning mit den Projektleitern, die jetzt die Rolle der Productowner übernehmen, aus, was in den jeweiligen Sprints an Aufgaben zu bearbeiten ist und was am Ende des Sprints das Projektergebnis sein wird.

Die Teams arbeiten dann selbstorganisiert innerhalb der Sprints, führen Daily Scrums durch und wählen nach dem Pull- statt Push-Prinzip aus, wer welche Aufgaben aus den jeweiligen Disziplinen bearbeitet, ohne dass diese fest verteilt sind. Meine Aufgabe wird es sein, den Gesamtprozess zu begleiten und innerhalb der Teams als Scrum Master zu agieren. Das bedeutet Agilität im universitären Kontext.

Mehrwert und Nutzen

Das bedeutet einerseits in den iterativen Schleifen das inhaltliche Ergebnis zu reflektieren und in den Retrospektiven zu eruieren, wie die Projektgruppe als Team zusammenarbeitet. Es bedeutet andererseits für die Projektleiter und Fachdozenten im Projektgeschehen die Gegebenheiten der Aufgabenstellung in kurzen Abständen zu reflektieren und anpassen zu können, anstatt wie zumeist üblich, am Ende des Semesters die Arbeit aus der Vergangenheit zu betrachten.

Im Sinne der Selbststeuerung und der Selbstverantwortung (siehe Artikel) gilt es dann viel mehr als bisher für die Studierenden relevante Themen bzw. Fragen an die jeweiligen Fachdozenten zu entwickeln, anstatt dass die Dozierenden allein dafür verantwortlich sind, jegliche Fragestellung von sich aus in den Vorlesungen aufzugreifen.

Neben dem Vorteil des interdisziplinären Arbeitens, lernen die Studierenden agiles Projektmanagement in Form des Frameworks Scrum in der Anwendung kennen und können dieses in dieser oder adaptierter Form in die eigene Organisation tragen, weiterentwickeln und ggfls. implementieren.

Auf wissenschaftlicher Ebene bzw. im wissenschaftlichen Kontext lässt sich somit untersuchen, inwiefern agiles Projektmanagement in Form von Scrum in der Immobilienwirtschaft/Projektentwicklung anwendbar ist, wo dem Grenzen gesetzt sind und wie adaptiv und integral im realen Projektmanagement vorgegangen werden kann.