Intrinsisch motivierte Mitarbeiter sind in komplexen VUKA Zeiten besonders wichtig. Durch ihr eigenverantwortliches Handeln, helfen sie Organisationen dabei mit komplexen Problemen umzugehen. Was aber sind die Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit Mitarbeiter intrinsisch motiviert sein können?

Intrinsische Motivation von Mitarbeitern in einer komplexen Arbeitswelt

Die Motivation für Mitarbeiter zu steigern, ist ein weitverbreitetes Anliegen vieler Führungskräfte. Der durchaus gut gemeinte und nachvollziehbare Ansatz, führt aber in unserer komplexen Arbeitswelt (wir sprechen auch von einer VUKA Welt) oft zu einem Führungsdilemma. Wenn ich jemanden motiviere, dann handelt es sich – bei dem meist kurzen Motivationsschub – immer um eine extrinsische Form der Motivation. Diese kommt immer auch mit Nachteilen wie einem Gewöhnungseffekt, Versuchen der Abkürzung und weniger Eigenverantwortung daher. Diese Folgen und ein detaillierter Unterschied zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation sind in einem früheren Blogpost beschrieben (Motivation – Handeln und Denken motivieren). Der intrinsischen Motivation, also die Form der Motivation, aus der heraus Menschen eine Tätigkeit verrichten um der Tätigkeit selbst willen, liegen drei Grundbedürfnisse zu Grunde, die durch eine Aufgabe erfüllt sein müssen, um intrinsische Motivation zuzulassen. Diese Grundbedürfnisse sind: a) Ein Bedürfnis nach Autonomie, b) ein Bedürfnis nach Kompetenz und c) ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit (siehe Selfdeterminationtheory.org).

Sinn als Grundbedürfnis für Motivation für Mitarbeiter

In dem aktuellen Beitrag, möchte ich auf das dritte Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit intensiv eingehen. Gegenwärtig wird dieses grundlegende menschliche Bedürfnis auch mit einem Bedürfnis nach Sinn übersetzt. Man hört also häufig, dass Menschen Sinn spüren wollen in dem was sie tun. Wenn man in sich selbst hinein hört, dann kann man dieser Annahme wahrscheinlich auch viel abgewinnen. Sinnhaftes Handeln lässt uns zugehörig fühlen, mal zu etwas Kleinerem, mal zu etwas Größerem. Wir können unser Tun als sinnvoll für die Arbeit im Team empfinden oder wir finden Sinn in dem Produkt, dass durch meine Firma entwickelt wird. In jedem Fall wurde klar gezeigt, dass eine sinnlose Tätigkeit zu Demotivation führt. Dan Ariely und Kollegen (Ariely, Kamenica & Prelec, 2008) von der MIT Business School haben diesen demotivierenden Effekt in zwei cleveren Experimenten demonstriert.

Experiment 1 – Sinn(lose) Buchstabenreihen

Im ersten Experiment haben die Forscher den Probanden Zettel mit zufällig angeordneten Buchstaben vorgelegt. Die Aufgabe war es, die Zeilen nach sich hintereinander wiederholenden Buchstabenpaaren zu durchsuchen. Sobald die Probanden mit einer Din A4 Seite fertig waren wurden sie gefragt, ob sie eine weitere Seite bearbeiten wollen. Pro bearbeitete Seite gab es eine Belohnung, die allerdings von Seite zu Seite geringer wurde (z.B. 55 Cent für die erste Seite, 50 Cent für die zweite Seite usw.). Die spannende Manipulation des Experiments bestand darin, dass es drei Gruppen von Probanden gab, mit deren Arbeitsergebnissen unterschiedlich umgegangen wurde. Die „Anerkennung“ Gruppe schrieb den eigenen Namen auf jedes Din A4 Blatt. Die Ergebnisse wurden anschließend abgeheftet. Die „Ignoranz“ Gruppe schreib den Namen nicht auf das Blatt und die Blätter kamen direkt nach der Bearbeitung, ohne eines weiteren Blickes gewürdigt zu werden, auf einen großen Stapel Blätter. Die „Reißwolf“ Gruppe schrieb ebenfalls keinen Namen auf die Blätter und die fertig bearbeiteten Blätter wurden im Anschluss vom Versuchsleiter direkt im Reißwolf zerstört. In jeder der drei Gruppen konnten die Probanden nach jedem Blatt aufs Neue entscheiden, ob sie noch ein weiteres bearbeiten wollten. Die Ergebnisse zeigen, dass die „Anerkennung“ Gruppe durchschnittlich knapp über 9 Din A4 Blätter bearbeitet hat, während die anderen beiden Gruppe nur rund 6,5 Blätter bearbeitet haben. Das ist insofern zusätzlich überraschend, da es außer in der „Anerkennung“ Gruppe sehr einfach möglich war zu betrügen, ohne dass dies überprüfbar gewesen wäre. Es wäre also sehr einfach gewesen, ohne viel Aufwand den maximalen Betrag zu erlangen.

Experiment 2 – Der Lego Sisyphus

Im zweiten Experiment wurde ein ähnliches Design gewählt. Dieses Mal war jedoch die Aufgabe für die Probanden, Roboter aus Legosteinen zusammenzubauen. In dem Experiment gab es nur zwei Gruppen. Die „Sinn“ Gruppe und die „Sisyphus“ Gruppe. In der „Sinn“ Gruppe blieben die fertigen Roboter auf dem Tisch stehen. Es entstand somit also eine Sammlung von fertigen Robotern vor dem Probanden. In der „Sisyphus“ Gruppe wurden die fertigen Roboter sofort wieder durch den Versuchsleiter zerlegt und zurück in die Kiste getan, aus der sich der Proband in der nächsten Runde wieder an den Steinen bedienen konnte. Gemessen wurde, wie viele Roboter die Probanden pro Gruppe durchschnittlich zusammengebaut haben. In der „Sinn“ Gruppe waren es 10,6 und in der „Sisyphus“ Gruppe waren es nur 7,2 Roboter.

Ergebnisanalyse – Sinnvolle Tätigkeiten motivieren mehr als finanzielle Anreize

Die Ergebnisse aus beiden Experimenten zeigen deutlich, dass Menschen weniger motiviert sind ihre Arbeit zu verrichten, wenn diese keinen erkennbaren Sinn hat. Interessanter Weise, ist dies sogar so, wenn die Tätigkeit bezahlt wird und so die Sinnhaftigkeit theoretisch darin gesehen werden könnte, Geld zu verdienen. Natürlich handelte es sich in dem Experiment nur um kleinere Beträge und weder die Existenz, noch die gesellschaftliche Teilhabe hingen von dem Betrag ab. Somit ist eine direkte Übertragung der Ergebnisse auf das Arbeitsleben, mit Vorsicht zu genießen. Jedoch wird deutlich gezeigt, dass einen Sinn in dem eigenen Tun zu erfahren, eine wichtige Voraussetzung für Motivation von Menschen ist.

Tipps für Führungskräfte und für die Organisationsentwicklung – Sinn schaffen durch Reviews

Um die Tätigkeiten der Mitarbeiter mit mehr Sinnhaftigkeit auszustatten, gibt es einige Ansätze. Von persönlicher purpose quest über interne Unternehmenskommunikation und visionäre Führungskräften bis hin zu Jobenrichment Ansätzen. Der erste Filter bei der Wahl der Ansätze ist für uns immer, der konsequente Blick auf die Rahmenbedingungen und nicht auf den Einzelnen.

Eine Möglichkeit, um die wahrgenommene Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns bei den Mitarbeitern zu erhöhen, wird konsequent im agilen Management angewandt. Konkret ist dies das Review. Eine ausführliche Beschreibung finden Sie hier (SCRUM Management). Im Kern ist es eine regelmäßige und standardisierte Besprechung in der der Kunde anwesend ist und Feedback zu den erarbeiteten Lösungen und Ergebnissen gibt. In Kombination mit der eigenverantwortlichen und auf Selbststeuerung basierenden Aufgabenverteilung haben Mitarbeiter eine kontinuierliche Rückkopplung über die Auswirkung der eigenen Entscheidungen und Umsetzungen, wodurch der Sinn Ihres Tuns kontinuierlich transportiert aber auch hinterfragt wird.

Ein Review kann selbstverständlich durch eine Führungskraft selbst eingeführt und moderiert werden. In unserer Beratungspraxis beobachten wir jedoch häufig, dass es hilfreich ist, die ersten Schritte mit einem externen Berater oder Sparringspartner zu überlegen und vorzubereiten. Auch eine externe Moderation der ersten Reviews wird zu Beginn oft dankbar angenommen und als hilfreich erfahren, da die Führungskraft erst ein wenig Zeit braucht, um in einer neuen Rolle anzukommen. Um sich in der neuen Rolle zurechtzufinden, ist es hilfreich, zu Beginn nicht gleich die ganze Verantwortung für die Prozesssteuerung übernehmen zu müssen. Es ist für ein wirkungsvolles Review nämlich unerlässlich, dass nicht durch die Führungskraft (z.B. den Projektleiter) bewertet wird, was gelungen und was weniger gelungen ist, sondern vom Kunden selbst, bzw. von den Mitarbeitern selbst erkannt wird.

Literatur

Ariely, D., Kamenica, E., & Prelec, D. (2008). Man’s search for meaning: The case of Legos. Journal of Economic Behavior & Organization, 67, 671-677.

Autor – Dr. Philipp Philippen ist systemischer Berater und promovierter Leistungspsychologe mit einem Schwerpunkt auf Agilen Arbeitsformen, intelligenten Systemen, und New Work