Von Petra Runggaldier
Wie lässt sich eine Retrospektive eines bestimmten Zeitraums zu einem bestimmten Thema einmal anders als durch Worte gestalten?
Aktuell trat ein Team mit dem Wunsch an mich heran, dass sie beide „Corona-Jahre“ in Bezug auf die Zusammenarbeit in ihrem Team reflektieren wollten. Fragen waren:
Wie wurde die Zeit von den Teammitgliedern erlebt? Wem ist was in Erinnerung geblieben? Was wurde als positiv, was als belastend erlebt? Was war besonders eindrücklich?
Ich führte mit dem Team folgendes Setting durch:
Das Team umfasste 14 Personen und es stand ein Zeitrahmen von 2 Stunden zur Verfügung. In einem genügend großen Raum mit einem offenen Stuhlkreis, wurde der Zeitraum dargestellt: Durch ein rotes Seil, dass in der Form eines Kreises ausgelegt und mit Moderationskarten mit den entsprechenden Monaten versehen wurde.
Im Raum werden auf Tischen verschiedene Gegenstände ausgelegt, die als Symbole, Metaphern dienen: Bildkarten (Fotos, Postkarten etc.) aller Art, Handpuppen, Playmobilfiguren, Steine, Muscheln, alle möglichen Utensilien wie z.B. Heftpflaster, Stifte, Glühlampe, Kerze, Teebeutel, Bilder, Stofftiere, Holzfiguren, Werkzeug, Klebeband, etc.
Zusätzlich Moderationskarten, um etwas aufzuschreiben.


Das Team erhielt folgende Arbeitsanweisung:
„Wir werden jetzt eine Retrospektive auf die beiden „Corona-Jahre“ machen. Es geht um die Fragen: Wie haben Sie diese beiden Jahre von März 2020 bis heute März 2022 in Bezug auf ihre Zusammenarbeit im Team erlebt? Was erinnern Sie konkret? Was ist in Ihnen von der Zeit in Erinnerung geblieben und ist wichtig für Sie? Überlegen Sie und wählen Sie 3 max. 4 Gegenstände aus, die Ihre wichtigsten Eindrücke, Ereignisse, Gefühle dieser Zeit symbolisieren und legen Sie diese zu den Monaten, in denen es ungefähr stattfand. Legen Sie dabei bitte die für sie positiven, funktionalen Erinnerungen außerhalb, also oberhalb des Seils. Die Erinnerungen, Ereignisse, die Sie als negativ, dysfunktional erlebt haben, legen Sie bitte innerhalb des Kreises. Es ist gut, wenn Sie ungefähr eine zeitliche Einordnung vornehmen können, aber es ist unwichtig, ob es der exakte Monat ist. Das wird sich alles fügen.“
Haben alle ihre Gegenstände ausgesucht und platziert, beginnt die Retrospektive.
Es wird dort begonnen, wo das erste Symbol, der erste Gegenstand gelegt wurde. Derjenige, der das erste Symbol gelegt hat, beginnt und erzählt, wofür er den Gegenstand, die Bildkarte, die Figur etc. gewählt hat und was er damit verbindet. Jeder ist frei das zu erzählen, was er möchte. Die anderen hören zu, keine Diskussionen.
Schon vor dem Erzählen wird in der Regel sichtbar, welche Zeiten präsent und vielen in Erinnerung sind. Neben der sprachlichen Ebene werden durch die Einbeziehung einer analogen Ebene mit den Symbolen und Gegenständen andere Sinnesbereiche angesprochen, die das Thema für alle anschaulicher und konkreter machen.


In einem Team, das mit diesem Tool einem Jahresrückblick durchführte, wurde deutlich wie sehr der Tod eines Kollegen alle Teammitglieder berührt und welche unterschiedlichen Themen und Aspekte dieser ausgelöst hatte. Auch hier trug die Einbeziehung der analogen Ebene dazu bei, dass Aspekte, Inhalte, die oftmals schwer in Sprache zu fassen sind, einen guten Ausdruck und eine Würdigung fanden.
Ist der Aspekt des letzten Symbols erzählt worden, kann z.B. anhand von Leitfragen weitergearbeitet werden.
„Was gut nochmal zu hören und daran erinnert zu werden?
Was hat mich überrascht?
Was nehme ich aus dem Gehörten für unsere zukünftige Zusammenarbeit mit?“
Ein einfaches, abwechslungsreiches Tool, das sich leicht anwenden lässt, wenn man etwas reflektieren möchte oder verschiedene Perspektiven zu einem bestimmten Zeitabschnitt gewinnen möchte.
Benötigte Materialien:
Ein 10 -20 m langes Seil.
Verschiedenste Gegenstände, Utensilien wie Bildkarten, Symbole, Figuren etc.
Ein genügend großer Raum, entsprechend der Gruppengröße.
Die Anzahl der Symbole, die ausgewählt werden sollen, ist je nach Teamgröße und Zeitrahmen anzupassen.