Von Petra Runggaldier
Heute morgen in der U-Bahn, saß mir gegenüber eine junge Frau mit einer selbstgemachten, sehr lecker ausschauenden Torte auf dem Schoß. Spontan sagte ich zu ihr, die Torte sieht ja lecker aus und lächelte sie an. Sie lächelte zurück und sagte: „Das freut mich!“ – so saßen wir beide lächelnd in der U-Bahn.
Kennen wir es nicht alle, wie wohltuend, wie inspirierend ein paar einfache, freundliche Worte mit dem Nachbarn, der Verkäuferin in der Bäckerei oder der Kollegin im Büro sind….Augenkontakt, ein Lächeln, eine Frage, welch einen Unterschied sie machen? Wir uns besser, wohler, wacher, freundlicher, zuversichtlicher fühlen? Eine einfache menschliche Geste mit großer Wirkung.
Deshalb die Idee, einfach mal wieder bewusster im Alltag Präsenz zeigen, anwesend sein, mit dem Gegenüber in Kontakt sein. Sei es ganz bewusst als Führungskraft, um den Mitarbeiter zu signalisieren, ich sehe Dich, ich habe Interesse, ich schätze Dich, eine menschliche Geste, die in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen ist…
Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Führungskraft aus dem medizinischen Bereich berichtete, in einem Team in einem Funktionsbereich ihrer Abteilung sei die Stimmung, die Arbeitsatmosphäre sehr schlecht, Gereiztheit und Unzufriedenheit würden immer offenkundiger spürbar, es finde kein sprechen mehr miteinander statt. In Gesprächen mit den Teammitgliedern wurde deutlich, dass sich das Team von den verantwortlichen Führungskräfte nicht gesehen fühlte, die verantwortlichen Führungskräfte kaum präsent waren, es fast keine Berührungspunkte gab, außer einer monatliche Funktionsbesprechung. Die Sicht der Führungskräfte förderte zutage, dass sie anfangs sehr wohl präsent waren, täglich den Funktionsbereich aufgesucht hatten, einen guten Tag gewünscht, eine Frage gestellt und Interesse bekundet hatten. Der Funktionsbereich hatte einen Platz in ihrer Aufmerksamkeit. Aber im Laufe der Jahre war aus dem Funktionsbereich ein gut laufender Selbstläufer geworden. Und wie das mit gut laufender Selbstläufer oftmals so ist, ist es meist Fluch und Segen zugleich. Sie bekommen weniger Aufmerksamkeit, da läuft es ja. Sie stehen nicht so im Fokus und geraten so oftmals unbewusst und ungewollt ins Abseits – mit Konsequenzen.
Die verantwortlichen Führungskräfte ließen sich auf das Experiment ein, bewusst wieder mehr Präsenz zu zeigen. Dabei ging es darum die Mitarbeitenden in ihrer Rolle, mit ihren Aufgaben und mit ihren Perspektiven zu sehen und wertzuschätzen. So gewöhnten sich die Führungskräfte an, jeweils zweimal die Woche bewusst durch den Funktionsbereich zu gehen, kurz allen Mitarbeitern Hallo zu sagen. Sie stellten eine Frage, um das Gespräch zu eröffnen, um in Kontakt zu gehen, z.B. Was würden Sie mich aus Ihrer Perspektive gerne wissen lassen? Was war diese Woche bisher die größte Herausforderung, die es zu meistern galt? Was konnten Sie besonders gut umsetzen? Was hat diese Woche Freude und Spaß gemacht? Welche Unterstützung brauchen Sie für sich? Was sollte prozessual geändert bzw. angepasst werden?
Und hier oblag es natürlich jeder einzelnen Führungskraft inwieweit sie wirklich das Gesagte der Mitarbeitenden aufnahm, direkt darauf Bezug nahm oder sich auch zum Nachdenken anregen ließ. Im Klartext hier geht es vor allem darum zu- und hinzuhören.
Der Funktionsbereich mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bekam so wieder einen Platz im Aufmerksamkeitsbereich der verantwortlichen Führungskräfte. Alle merkten an, es wird wieder miteinander gesprochen. Die Wirkung war eine deutlich freundlichere Stimmung und eine entspanntere Atmosphäre.